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Akkadisch: Verb

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Verb

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Siehe auch Hinweise zur Analyse von Verbformen

Allgemeines

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Wurzel und Stammvokal

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Im Akkadischen haben viele Verben ebenso wie in anderen semitischen Sprachen eine dreiradikalige Verbalwurzel (R1R2R3). Die Wurzel *LMD zum Infinitiv lamādum (lernen) beispielsweise lässt sich so beschreiben:

  • „L“ – 1.Radikal (R1), prima
  • „M“ – 2.Radikal (R2), media bzw. secunda
  • „D“ – 3.Radikal (R3), ultima bzw. tertia

Die Wurzel starker Verben besteht immer aus 3 Konsonanten, bei schwachen Verben steht anstelle des 3., 2. oder 1. Konsonanten ein langer Vokal, ein Halbvokal oder ähnliches, sodass je nach Stellung und Art der Ersetzung diverse Verbgruppen unterschieden werden, zum Beispiel Verba ultimae vocalis, Verba mediae vocalis oder Verba tertiae aleph.

Der Vokal, der zwischen R2 und R3 stehen kann, wird Stammvokal genannt. Er kennzeichnet die Zugehörigkeit eines Stamms zu einer bestimmten Vokalklasse.

Vokalklassen

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Dir Vokalklassen werden i.A. in der Form (vok/vok2) angegeben, wobei vok den für Präsens und Perfekt genutzten Vokal und vok2 den für Präteritum genutzten Vokal bezeichnet:

  • Ablautklasse (a/u): G-Stamm
  • a-Klasse (a/a): G-, Gt-, Gtn-Stamm
  • i-Klasse (i/i): G-, Gt-, Gtn-, N-, Ntn-Stamm
  • u-Klasse (u/u): G-, Gt-, Gtn-, N-, Ntn-Stamm
  • (a/i): G-, D-, Dt-, Dtn-, Š-, Št-, Štn-, N-, Ntn-Stamm

Verbalstämme

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Verbalwurzeln können erweitert werden, sodass sich neben dem Grundstamm (G-Stamm) bedeutungsmodifizierte weitere Verbalstämme aus derselben Wurzel bilden lassen.

Verbalstämme
Name Hauptstamm Merkmal ta-Stamm Ctan-Stamm
Grundstamm G - Gt Gtn
Dopplungsstamm D R2R2 Dt Dtn
Š-Stamm Š Präfix š Št Štn
N-Stamm N Präfix n - Ntn



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Flexionskategorien

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Für diese Stämme können jeweils die folgenden Tempora bzw. Aspekte und Aktionsarten formal unterschieden werden

  • Präsens (Tempuszeichen im G-, Gt- und Gtn-Stamm: R2R2), auch Durativ genannt
  • Präteritum (Tempuszeichen: vok2)
  • Perfekt (Tempuszeichen: Infix ta bzw. t nach dem 1. Konsonant)
  • Stativ

Das Akkadische kennt die folgenden Numeri

  • Singular
  • (Dual)
  • Plural

Zur grammatischen Person kommt als weitere Flexionskategorie noch das Genus hinzu:

  • Maskulinum (m)
  • Femininum (f)
  • Communis (c), wenn es eine gemeinsame Form für beide grammatischen Geschlechter gibt.

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Personalaffixe

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In den drei Tempora Präsens, Präteritum und Perfekt werden die grammatischen Personen in erster Linie durch Präfixe gekennzeichnet, wobei die G- und N-Stämme einerseits und die D- und Š-Stämme andererseits jeweils ein eigenes Set an Präfixen haben. Die 3. Personen haben das Präfix i- bzw. u-, die 2. Personen das Präfix ta- bzw. tu-, die 1. Person das Präfix a-/ni- bzw. u-/nu-.
Zusätzlich werden bei 4 von 8 Formen unabhängig vom Stamm noch Suffixe angehängt.

Im Stativ werden die grammatischen Personen lediglich durch Suffixe gekennzeichnet.

Personalaffixe für Präsens, Präteritum, Perfekt
Stämme
G, GT, Gtn
N, Nt, Ntn
Stämme
D, DT, Dtn
Š, Št, Štn
alle Stämme
Präfix Suffix
3. Sing. comm. i- u-
2. Sing. mask. ta- tu-
2. Sing. fem. ta- tu-
1. Sing. comm. a- u-
3. Plur. mask. i- u-
3. Plur. fem. i- u-
2. Plur. comm. ta- tu-
1. Plur. comm. ni- nu-
Personalsuffixe für Stativ
alle Stämme
Suffix
3. Sing. mask. (kein Suffix, aber Infix i zur Auflösung der Doppelkonsonanz im Auslaut)
3. Sing. fem. -at
2. Sing. mask. -āta
2. Sing. fem. -āti
1. Sing. comm. -āku
3. Plur. mask.
3. Plur. fem.
2. Plur. mask. -ātunu
2. Plur. fem. -ātina
1. Plur. comm. -ānu

Anmerkung: In semitischen Sprachen wird üblicherweise die Reihenfolge 3., 2., 1. Person für Konjugationsschemata bevorzugt.

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Weitere Verbmarkierungen

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Ventiv

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Die Suffixe -am, -a, -m und -nim – (eigentlich Dativsuffixe der 1. Person) können an finite Verbformen angehängt werden, um damit eine Richtung der im Verb genannten Bewegung mit dem Ziel (Allativ) des zum Verb gehörigen Subjektes auszudrücken. -m assimiliert sich an evtl. folgende Konsonanten, z.B. bei darauffolgenden Personalsuffixen.

Beispiele:
  • ubl-am (3.c.sg.prät.G-St. Ventiv) – er/sie brachte her
  • irtedi--šu (3.c.sg.perf.G-St. Ventiv) – er/sie hat ihn hergeführt

Subjunktiv

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Verbwurzelgruppen

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  • Starke Verben
Sonderform: Verba Mediae Geminatae
  • Verba Primae Alef
ohne Umlaut (ʼKL)
mit Umlaut (ʻRB)
  • Verba Primae Nun (NQR, NKS, NBH)
  • Verba Primae Waw (WBL)
  • Verba Mediae Vocalis (BĀŠ, QĪŠ, KŪN)
  • Verba Tertiae Vocalis (KLĀ, BNĪ, MNŪ)
  • Verba Tertiae Alef (ŠMʻ)
  • Doppelschwache Verben (NDĪ)

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Allgemeine Lautgesetze und Regeln zur Formenbildung

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  • keine Mehrfachkonsonanz im Anlaut
  • keine Mehrfachkonsonanz im Auslaut
  • im Wortinnern nicht mehr als 2 Konsonanten hintereinander
Zwischen 2 Konsonaten verläuft immer eine Silbengrenze.
  • Kontraktion/Nichtkontraktion:
a *a+a>â *a+i>î *a+u>û
i *i+a>ia *i+i>î *i+u>û
u *u+a>â *u+i>î *u+u>û
e *e+a>ea *e+i>î *e+u>û
Bei zwei aufeinandertreffenden Vokalen setzt sich der grammatisch bedeutsame durch.
I und A bleiben im Altbabylonischen unkontrahiert.
  • Umlautung aller a zu e, wenn einmal ein e entstanden ist
  • Vermeidung dreier offener, d.h. vokalisch auslautender Silben hintereinander, z.B. durch Elision eines Vokals
Diese Regel ist vor allem für suffigierte Formen des Perfekts relevant.
Beispiel: *iptarasū > iptarsū
Im Präteritum wird dagegen meist auf die Elision verzichtet.
Beispiel: īku
  • Assimilation von n sich an den folgenden Konsonanten: regressive Assimilation
Beispiel: *intaqar > ittaqar, inqar > iqqar (beide zu naqārum)
  • Assimilation von t-Infixen beim Verb – z. B. beim Perfekt – an vorhergehendes d, ṭ, z, s und ṣ: progressive Assimilation
Beispiel: *iztakar > izzakar

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G-Stamm

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Der G-Stamm hat keine eigene Markierung.

Starke Verben

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  • Präs.: präfR1aR2R2vokR3(suff)
  • Perf.: präfR1taR2(vok)R3(suff) Der Stammvokal (vok) wird bei Existenz eines Personalsuffixes zur Vermeidung dreier offener Silben hintereinander elidiert.
  • Prät.: präfR1R2vok2R3(suff)
  • Infinitiv: R1aR2āR3um


Beispielparadigma: PRS (a/u)
Beispielparadigma: LMD (a)
Beispielparadigma: PQD (i)
Beispielparadigma: RPD (u)

Verba Primae Nun

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Nun assimiliert sich an die folgenden Konsonanten

  • beim Perfekt *n+t > tt
  • beim Präteritum *n+R2 > R2R2

Dies wird regressive komplette Assimilation genannt, n ist also beim Perfekt und Präteritum nicht sichtbar.

Formenbildung

  • Präs.: präfnaR2R2vokR3(suff)
  • Perf.: präfttaR2(vok)R3(suff) Regressive komplette Assimilation *nt > tt
  • Prät.: präfR2R2vok2R3(suff) Regressive komplette Assimilation *nR2 > R2R2
  • Infinitiv: naR2āR3um


Beispielparadigma: NQR (a/u)
Beispielparadigma: NKS (i)
Beispielparadigma: NBH (u)

Verba Primae Alef

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Die Verba Primae Alef werden je nach Herkunft des Alef, d.h. nach dem zugrundeliegenden ursprünglichen Laryngal in 2 Gruppen aufgeteilt.

Herkunft des Alef bei der a-Gruppe: 1) ˀ Alef, 2) h Hē
Herkunft des Alef bei der e-Gruppe: 3) ḥ Ḥēt, 4) ˁ Ajin, 5) ġ

Regeln

  • bei Alef vor Vokal: Elision des Alef und des folgenden Vokals
Beispiel: ikkal (< *iʾakkal)
  • bei Alef vor Konsonant (entspricht Doppelkonsonanz): Elision des silbenschließenden Alef und Ersatzdehnung des vorhergehenden Vokals, d.h. Längung des Vokals des Personalpräfixes (präflang/präflange)
Beispiel: īkul (< *iʾkul)

a-Gruppe (ohne Ablaut)

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Formenbildung

  • Präs.: präfR2R2vokR3(suff)
  • Perf.: präflangtaR2(vok)R3(suff)
  • Prät.: präflangR2vok2R3(suff)
  • Infinitiv: aR2āR3um


Beispielparadigma: ʼKL (a/u)
Beispielparadigma: ʼLK (a/i) – Ausnahme: Perfekt und Präteritum wie Primae Nun

e-Gruppe (mit Ablaut)

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Regeln

  • Ersetzung des a aus dem Personalpräfix durch e (präfe) und
Ersetzung des Perfektzeichens ta- durch te
Beispiel: tēterbā (< *tētarbā < *taʾtarbā)
  • Angleichung aller a an e, außer Suffix ā
Beispiel: erēbum (< *erābum)

Formenbildung

  • Präs.: präfeR2R2vokR3(suff)
  • Perf.: präflangeteR2(vok)R3(suff)
  • Prät.: präflangeR2vok2R3(suff)
  • Infinitiv: eR2ēR3um


Beispielparadigma: ʻRB (u)

Verba Tertiae Vocalis

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Diese Verben werden auch Verba Tertiae Infirmae genannt.
Vokale, die anstelle eines Radikals in die Wurzel treten, gelten als lang.

Regeln

  • Der Wurzelvokal wird im absoluten Auslaut, d.h. bei Formen ohne Suffix gekürzt (a, e, i, u).
  • Bei Formen mit Suffix kontrahieren die beiden Vokale wie gewohnt nach den o.g. Regeln.

Tertiae Ā

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  • Präs.: präfR1aR2R2(a)(suff)
  • Perf.: präfR1taR2(a)(suff)
  • Prät.: präfR1R2(a)(suff)
  • Infinitiv: R1aR2ûm

Beispielparadigma: KLĀ (a)

Tertiae Ē / ʻ (Alef)

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  • Präs.: präfeR1eR2R2(e)(suff)
  • Perf.: präfeR1teR2(e)(suff)
  • Prät.: präfeR1R2(e)(suff)
  • Infinitiv: R1eR2ûm

Beispielparadigma: ŠMʻ (e)

Verba Mediae Vocalis

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Diese Verben werden auch Verba Mediae Infirmae genannt.
Vokale, die anstelle eines Radikals in die Wurzel treten, sind lang.

Mediae Ī

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Regeln

  • Im Präsens tritt bei den Formen ohne Personalsuffix ein a hinter den Wurzelvokal
  • Im Präsens wird bei den Formen mit Personalsuffix der Wurzelvokal ī gekürzt und R3 gedoppelt, d.h. die Präsensverdoppelung rutscht quasi vom fehlenden 2. auf den 3. Radikal
  • Perfektzeichen ist t nach dem ersten Radikal
  • Das Präteritum besteht aus der um Personalaffixe erweiterten Wurzel ohne weitere Anpassungen.

Formenbildung

  • Präs.: präfR1i(a)R3(R3suff)
  • Perf.: präfR1tīR3(suff)
  • Prät.: präfR1īR3(suff)
  • Infinitiv: R1R3ûm

Beispielparadigma: QĪŠ (i)

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D-Stamm

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Der D-Stamm wird durch Doppelung des 2. Radikal (R2) markiert.

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Š-Stamm

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Der Š-Stamm wird durch Einfügung von -š(a)- vor dem 1. Radikal (R1) bzw. vor dem Perfektinfix -t- markiert

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N-Stamm

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Der N-Stamm wird durch Einfügung von -n- vor dem 1. Radikal (R1) bzw. vor dem Perfektinfix -t- markiert. Da sich n- immer an den folgenden Konsonaten assimiliert, erfolgt de facto im Prãsens und Präteritum eine Verdoppelung des 1.Radikal und im Perfekt eine Verdoppelung des -t-.

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Siehe auch Hinweise zur Analyse von Verbformen im CH