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Examensrepetitorium Jura: Schwerpunktbereich Internationales Privatrecht: Erbsachen

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Erbrecht ist nach Art. 1 Abs. 2 lit. c) Rom I-VO und Art. 1 Abs. 2 lit. b) Rom II-VO von deren Anwendungsbereich ausgenommen. Die EuErbVO[1] tritt erst zum 17. August 2015 in Kraft. Die Anknüpfung von Erbfragen folgt damit zur Zeit noch dem autonomen deutschen IPR.

Erbfolge (Art. 25 EGBGB)

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Nach Art. 25 Abs. 1 EGBGB unterliegt die Erbfolge dem Recht des Staates, dem der Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes angehört ("Heimatstatut"). Es handelt sich um eine Gesamtverweisung, daher ist der renvoi Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB zu beachten.[2] Auch für die eingetragene Lebenspartnerschaft gilt nach Art. 17b Abs. 1 S. 2 EGBGB das Erbstatut, außer wenn nach diesem dem Lebenspartner kein Erbrecht zusteht. In diesem Fall kommt das Recht des registerführenden Staates zu Anwendung.

Rechtswahl

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Nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB kann der Erblasser für in Deutschland belegenes unbewegliches Vermögen deutsches Recht wählen, auch wenn das eigentliche Erbstatut abweicht. Folge ist häufig eine Nachlassspaltung. Die Rechtswahl ist ein eigenständiges Rechtsgeschäft und unterliegt der Form des Art. 26 EGBGB. Sie muss nicht ausdrücklich erfolgen, sondern es genügt, wenn der Testierende sich bei der Abfassung des Testaments am deutschen Recht orientiert hat. Nach Art. 4 Abs. 2 EGBGB handelt es sich um eine Sachnormverweisung. Die Auslegung des Begriffs "unbewegliches Vermögen" richtet sich nach deutschem Recht.

Nachlassspaltung

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Es gilt der Grundsatz der Nachlasseinheit: Die Erbfolge wird von Art. 25 ohne Rücksicht auf Art und Belegenheit des Vermögens dem Heimatrecht des Erblassers unterstellt.[3] Es kann jedoch zu einer Nachlassspaltung kommen, wenn Art. 25 auf ein Recht verweist, dass einzelne Teile des Nachlasses verschiedenen Rechtsordnungen unterwirft oder wenn eine Rechtswahl nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB getroffen wurde. In diesem Fal bemisst sich das anzuwendende Erbrecht für verschiedene Vermögensteile nach verschiedenen Rechten. Die Unterscheide können wesentlich sein: So kennen die USA kein Pflichtteilsrecht.[4] Eine Nachlassspaltung kann auch über Art. 3a Abs. 2 EGBGB eintreten.

Regelungsbereich des Erbstatuts

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Nach dem Erbstatut bemessen sich:[5]

  • die gesetzlichen Erben
  • Pflichtteilsrechte
  • Annahme und Ausschlagung
  • die Frage ob Universalsukzession oder Sondererbfolge eintritt
  • die Voraussetzungen, Wirkungen und Auslegung von Verfügungen auf den Todesfall mit Ausnahme der Form (Art. 26, s.u.)

Die Erbfolge in Gesellschaftsanteile bemisst sich nach der herrschenden Meinung bei Kapitalgesellschaften insgesamt nach dem Erbstatut. Bei Personengesellschaften beantwortet das Gesellschaftsstatut, ob die Gesellschaft fortbesteht, während das Erbstatut bestimmt, wer Erbe des verstorbenen Gesellschafters ist.[6]

Verfügungen von Todes wegen

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Verfügungen von Todes wegen (Testamente, Erbverträge etc.) sind formgültig, wenn sie der vorgeschriebenen Form eines der in Art. 26 Abs. 1 EGBGB genannten Rechte entsprechen. Das sind

  • das Recht des Landes dem der Erblasser bei Errichtung oder bei seinem Tod angehörte,
  • das Recht des Landes, in dem die Verfügung errichtet wurde,
  • das Recht des Landes, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung oder bei seinem Tode seinen Wohnsitz hatte,
  • dem Recht des Landes, in dem sich Immobilien befinden, soweit sie unter die Verfügung fallen.

Die Aufzählung folgt weitgehend dem Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht vom 5. Oktober 1961, das ins deutsche Recht inkorporiert wurde. Zweck der alternativen Anknüpfungen ist es, Testamente möglichst nicht aus Formgründen für ungültig zu erklären (favor testamenti).[7] Bei den Verweisungen des Art. 26 Abs. 1 bis 4 EGBGB findet daher keine Rück- oder Weiterverweisung statt, soweit sich daraus die Zahl der anknüpfbaren Rechte verringern würde.[8]

Die Testierfähigkeit ist nicht nach der allgemeinen Geschäftsfähigkeit gem. Art. 7 Abs. 1 EGBGB zu beurteilen, sondern unterliegt dem Erbstatut.[9]

Ein Statutenwechsel ist nach Art. 26 Abs. 5 EGBGB nach dem Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung nicht mehr möglich, auch wenn das Erbstatut sich (z.B. durch einen Wechsel der Staatsbürgerschaft) ändert.

Internationale Zuständigkeit

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Bis zum Inkrafttreten des FamFG am 1. September 2009 galt in Nachlasssachen der Gleichlaufgrundsatz, nach dem deutsche Gerichte international nur zuständig waren, wenn deutsches Erbrecht anzuwenden war. Nach § 105 FamFG gilt seitdem auch hier die Doppelfunktionalität der örtlichen Zuständigkeit.

Literatur

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Aufsätze

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  • Kern/Glücker, Das neue Europäische Erbstatut und seine Aufnahme in der deutschen Literatur, RabelZ 2014, 294

Fußnoten

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  1. Verordnung (EU) Nr. 650/2012 vom 16.8.2012
  2. Lorenz in BeckOK, Stand 01.05.2014, Art. 25 EGBGB Rn. 48
  3. Lorenz in BeckOK, Stand 01.05.2014, Art. 25 EGBGB Rn. 17
  4. Hüßtege/Ganz, Internationales Privatrecht, 5. Aufl. 2012, S. 146
  5. Hüßtege/Ganz, Internationales Privatrecht, 5. Aufl. 2012, S. 147
  6. Hüßtege/Ganz, Internationales Privatrecht, 5. Aufl. 2012, S. 147
  7. Lorenz in BeckOK, Stand 01.05.2014, Art. 26 EGBGB Rn. 1
  8. Lorenz in BeckOK, Stand 01.05.2014, Art. 26 EGBGB Rn. 7
  9. Lorenz in BeckOK, Stand 01.05.2014, Art. 26 EGBGB Rn. 5