GNU Health Dokumentation (deutsch)/ Vorwort
Ungeachtet der bemerkenswerten Errungenschaften in der Technologie werden heute Tausende von Kindern an vermeidbaren Krankheiten sterben. Infektionskrankheiten wie Malaria, Chagas, AIDS, Tuberkulose oder infektiöse Durchfälle zerstören Millionen von Familien in Entwicklungsländern. Nichtübertragbare Krankheiten wie Adipositas, Diabetes, Herzerkrankungen, Krebs oder Depressionen betreffen sowohl den Norden als auch den Süden, obwohl die Prävalenz und Inzidenz in den benachteiligten Ländern sehr viel höher ist. Ebenso wichtig sind die alarmierenden Ausmaße von Kinderarbeit, Menschenhandel und Sexsklaverei, Gewalt in der Familie, Kindesmissbrauch oder Drogensucht. Komplexe, multikausale und anthropologische Probleme existieren, die dringend angegangen werden müssen.
Wir brauchen einen Paradigmenwechsel: Wir müssen uns vom reaktiven Modell der Krankheit zum proaktiven Modell der Gesundheit bewegen. In vielen Ländern fehlt es an einer guten öffentlichen Gesundheit, manchmal, weil die Länder den Schwerpunkt auf den privaten Sektor legen, manchmal, weil sie zu viel Wert auf Technologie legen. Die ausgereifteste Technologie wird niemals eine gute Basisversorgung übertreffen. Bildung, gute Ernährung, warmherziges Elternhaus, körperliche Bewegung und gute sanitäre Wohnbedingungen sind die besten und nachhaltigsten öffentlichen Maßnahmen, die man treffen kann. Das Konzept der Integrativen Medizin ist in GNU Health immer präsent.
Ich habe 2008 mit dem GNU Health-Projekt begonnen, um die primäre Gesundheitsversorgung (Primary Health Care, PHC) in ländlichen Gemeinden zu verbessern. Heute hat sich GNU Health zu einem umfassenden Gesundheits- und Krankenhausinformationssystem entwickelt, aber der Geist bleibt derselbe. GNU Health ergänzt die PHC, ersetzt aber niemals die Arbeit der Mutter, des Lehrers, der Krankenschwester, des Arztes oder des Sozialarbeiters. Was GNU Health gut kann, ist die Speicherung und Verarbeitung großer Datenmengen. GNU Health verwaltet demographische Daten; Untersuchungen, Krankenhauseinweisungen, Krankengeschichten; genetische und erbliche Risiken; Epidemiologie und die Ressourcen der Gesundheitseinrichtung (Lager, Finanzen, Personal, Medikamente, Labor ...), um nur ein paar Ressourcen zu nennen. Rechenleistung und Datenverarbeitung verbessern die Teamarbeit und optimieren Kampagnen zur Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention. Zum Beispiel ermöglicht GNU Health die schnelle Identifizierung neuer TBC- oder Dengue-Ausbrüche, indem die Indexfälle in einer Karte in Echtzeit angezeigt werden. Es kann die Trends in Bezug auf den Befall von Vektoren zeigen, die Chagas-Krankheit in Wohngebieten übertragen; es kann Indikatoren in verschiedenen Populationen verbinden und soziale Determinanten von Gesundheit unter vielen Bedingungen in Beziehung setzen (familiäre Gewalt, Teenagerschwangerschaft, Kindersterblichkeit, ...).
GNU Health ist eine Philosophie. Es setzt Freie Software als öffentliches Gut und als integralen Bestandteil von Public Health ein. Es geht um Verteilungsgerechtigkeit, Gemeinwohl und Solidarität. Es geht darum, die Gesundheitsexperten, ihre Gesundheitszentren und ihre Gemeinschaften zu stärken. Es geht darum, viele Aspekte der Alma-Ata-Erklärung in die Tat umzusetzen.
Bei GNU Health geht es darum, das umfassende System des Gesundheitsparadigmas zu vertreten anstelle des konventionellen Krankheitsparadigmas, das heute in vielen Ländern vorherrscht.
Ich hoffe, Ihnen gefällt dieses Buch, und ich zähle auf Sie, um unserer wachsenden Gemeinschaft akademischer Einrichtungen, NGOs, öffentlicher Krankenhäuser, privater Unternehmen und multilateraler Organisationen beizutreten. Freie Software im Gesundheitswesen ist hier, um zu bleiben.
eHealth für alle!
Luis Falcón, MD
GNU Solidario
Las Palmas de Gran Canaria, Spanien