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Handbuch Sozialleistungen/ Die Pflegeversicherung

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Leistungen zur Pflege

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Eine Versicherungspflicht besteht in der sozialen Pflegeversicherung für Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse. Alle privat krankenversicherten Personen müssen eine private Pflegeversicherung abschließen. Die Aufgaben der Pflegeversicherung werden von den Krankenkassen wahrgenommen. Die Pflegekasse muss über einen Antrag auf Pflegeleistungen innerhalb von 25 Arbeitstagen entscheiden, in besonderen Fällen innerhalb von einer Woche (§ 18 Abs. 3 SGB XI). Bei Fristüberschreitung hat die Pflegekasse 70 € pro Woche an den Betroffenen zu zahlen.

Pflegebedürftig sind Personen, die gesundheitsbedingt (voraussichtlich für mindestens sechs Monate) auf Hilfe angewiesen sind. Die Pflegeversicherung übernimmt nicht die Kosten für die Pflege. Die finanziellen Leistungen sind pauschaliert und richten sich nach dem Pflegegrad (§§ 14,15 SGB XI; Anlagen 1 u. 2 zu § 15 SGB XI). Die Bewertung erfolgt durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK):

Pflegegrad Beeinträchtigung der Selbstständigkeit Punktwert
1 gering 12,5 – 26,9
2 erheblich 27,0 – 47,4
3 schwer 47,5 – 69,9
4 schwerst 70,0 – 89,9
5 schwerst mit besonderen Pflegeanforderungen 90,0 – 100,0

Pflegegeld (für den pflegenden Angehörigen) und Pflegesachleistung (für die Finanzierung eines Pflegedienstes) können kombiniert werden. Der zusätzliche Entlastungsbetrag ist zur Entlastung pflegender Angehöriger zweckgebunden einzusetzen:

Pflegegrad Pflegegeld Pflegesachleistung Stationäre Leistungen Entlastungsbetrag
1 - - - 125 €
2 316 € 689 € 770 € 125 €
3 545 € 1298 € 1262 € 125 €
4 728 € 1612 € 1775 € 125 €
5 901 € 1995 € 2005 € 125 €


Technische Hilfen (z.B. ein Pflegebett) werden unabhängig von der jeweiligen Pflegestufe leihweise zur Verfügung gestellt. Die Zuzahlung beträgt maximal 25 €. Pflegehilfsmittel (z.B. Windeln) werden mit bis zu 40 € im Monat bezuschusst. Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnsituation wie (z.B. eine Rollstuhlrampe oder ein Treppenlift) können mit bis zu 4.000 € (bis 16.000 € bei vier Personen) bezuschusst werden (§ 40 SGB XI). Der Zuschuss wird erneut gezahlt, wenn sich der Pflegebedarf erhöht hat. Auch die KFW fördert mit Ihrem Kredit 159 den barrierefreien Wohnungsbau.

Verhinderungs- und Kurzzeitpflege

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Verhinderung der Pflegeperson(en) §§ 39, 42 SGB XI
Max. Dauer Max. Kosten Pflegegeld
Verhinderungspflege (ambulant) 6 Wochen 2418 € 50%1
Kurzzeitpflege (stationär) 8 Wochen 806 € 50%2
ODER
Verhinderungspflege (ambulant) 0 €
Kurzzeitpflege (stationär) 8 Wochen 3224 € 50%2
1 bei stundenweiser Verhinderungspflege erfolgt keine Kürzung
2Bei stationärer Krankenhausbehandlung oder Reha wird das Pflegegeld 4 Wochen voll weitergezahlt.

Darüber hinaus anfallenden Kosten für Pflege oder Heimunterbringung muss der Betroffene selbst tragen. Falls das Einkommen und das Vermögen hierfür nicht ausreichen, werden zunächst die unterhaltspflichtigen Angehörigen herangezogen. Wenn auch diesen die Zahlungen nicht zuzumuten sind muss Hilfe zur Pflege im Rahmen der Sozialhilfe beantragt werden. S. auch Kapitel 11 (Sozialhilfe) und 10.4 (Unterhalt).



Leistungen für Pflegepersonen

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Wenn die Angehörigen selbst pflegen sind Qualitätssicherungsbesuche verpflichtend. Sie werden vom Pflegepersonal professioneller Dienste geleistet. Ferner leisten die Krankenkassen Pflegeberatung für alle Betroffenen bzw. stellen Gutscheine für die Beratung bei einem freien Träger aus. Krankenkassen und Kommunen unterhalten Pflegestützpunkte. Dort erhalten Sie unabhängige Beratung zu Fragen der Pflege:
www.bw-pflegestuetzpunkt.de

Pflegepersonen sind Pflichtmitglieder in der gesetzlichen Unfall- und (bei Pflegegrad 2 und mind. 10 Stunden Pflege pro Woche an zwei Tagen) der Rentenversicherung. Auf Antrag werden auch Zuschüsse zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt. Wenn die Pflegeperson vor Beginn der Pflege in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig war besteht die Versicherung innerhalb der Pflegezeit weiter (§ 26 Abs. 2b SGB III).


Pflegezeitgesetz und Familienpflegezeitgesetz

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Arbeitnehmer haben das Recht der Arbeit bis zu zehn Tage fern zu bleiben, um für einen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Situation die notwendige Pflege zu organisieren. Während dieser Zeit wird Pflegeunterstützungsgeld aus der Pflegeversicherung gezahlt (Berechnung wie Krankengeld, meist 90% des Nettolohnes, § 44a Abs.3 SGB XI).

Wenn der Arbeitgeber mehr als 15 Beschäftige hat, können Arbeitnehmer für die Pflege in häuslicher Umgebung bis zu sechs Monate Pflegezeit in Anspruch nehmen. Hat der Arbeitgeber mehr als 25 Beschäftigte, muss er Arbeitnehmern bis zu zwei Jahre Teilzeitarbeit gewähren, wenn diese einen nahen Angehörigen zuhause pflegen. Pflegezeiten werden angerechnet, die Wochenarbeitszeit muss mindestens 15 Stunden betragen. (Für Minderjährige oder die Begleitung von Angehörigen in den letzten drei Lebensmonaten gelten diese Regelungen auch bei außerhäuslicher Pflege)

Beginn und Dauer der Familienpflegezeit sowie die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit sind spätestens acht Wochen vor Beginn schriftlich anzukündigen. Der Arbeitgeber hat den Wünschen zu entsprechen, soweit es der betriebliche Ablauf zulässt. Circa die Hälfte des Einkommensverlustes kann in Form eines Darlehens ausgeglichen werden:
www.wege-zur-pflege.de/familienpflegezeit.html

Während Pflege- und Familienpflegezeit gilt ein besonderer Kündigungsschutz.


Weitere Links zur Pflegeversicherung:
Pflegebegutachtung
GKV-Spitzenverband