Die Aussagenlogik ist ein erster Schritt, die in der Mathematik – aber nicht nur da! – verwendeten logischen Schlussweisen zu rechtfertigen. Sind beispielsweise die Aussagen (1) und (2)
- (1)

- (2)

bereits bewiesen, so gilt auch die Aussage (3):
- (3)

(1) und (2) sind die Prämissen des Schlusses, (3) die Konklusion. Der Schluss selbst heisst Modus Ponens. Üblich sind auch andere Schreibweisen, zum Beispiel als sogenannte Schnittregel:

Ein anderes Beispiel ist das Beweisverfahren durch Widerspruch. Angenommen
soll bewiesen werden. Man nimmt nun das Gegenteil an, also dass
richtig sei. Daraus wird solange weiter geschlossen, bis man auf einen Widerspruch stößt, beispielsweise auf
. Also muss doch
richtig sein. Solche Beweise werden indirekte Beweise genannt.
Die Aussagenlogik ist ein einfaches System und die Grundlage für weitere logische Systeme, auch für solche, die in der Mathematik zwar behandelt, aber in der Regel nicht verwendet werden.
Schon im 4. Jahrhundert vor Christus formulierte der griechische Philosoph Aristoteles den Satz vom Widerspruch, der besagt, dass eine Aussage und ihr Gegenteil nicht beide wahr sein können, und den Satz vom ausgeschlossenen Dritten, der besagt, dass eine beliebige Aussage oder ihre Verneinung wahr ist. Auch der indirekten Beweis findet sich in seinen Schriften. Chrysoppis von Soloi definierte im 3. Jahrhundert vor Christus Aussagen als Wahr oder Falsch und verwendete eine Semantik, die den heutigen Wahrheitstafeln entspricht. Die erste Formalisierung der Aussagenlogik entwickelte 1847 der englische Mathematiker George Boole. Den ersten Kalkül entwickelte 1879 Gottlob Frege. 1910 verwendete Bertrand Russell die heute noch übliche Notation.
Eine formale Sprache besteht aus einem Alphabet und einer Grammatik.
Das Alphabet bestimmt dabei, welche Zeichen Bestandteil der Sprache sind; es wird manchmal auch als Vokabular oder Lexikon bezeichnet.
Die Grammatik bestimmt hingegen, wie die Zeichen zu Wörtern zusammengesetzt werden können.
In der Aussagenlogik gibt es 3 Arten von Zeichen:
- Aussagenkonstante
,
,
, ...
- Junktoren
,
,
,
,
,
, 
- Klammern
, 
Die Junktoren heissen Verum (
), Falsum (
), Negation (
), Konjunktion (
), Disjunktion (
), Subjunktion (
) und Bijunktion (
).
Genauso wenig wie in einer natürlichen Sprache wie Deutsch ergibt nicht jede beliebige Zeichenreihe ein korrektes Wort. Zeichenreihen, die nach den Regeln der Grammatik aufgebaut sind, heissen wohlgeformt. Die Wörter der Aussagenlogik werden Aussagen oder Formeln genannt. Damit eine Anordnung von Zeichen eine Formel in der Aussagenlogik bildet, muss sie nach den folgenden Regeln aufgebaut sein:
- Jede Aussagenkonstante ist eine Formel,
und
sind Formeln.
- Ist
eine Formel, so ist auch
eine Formel.
- Sind sowohl
als auch
Formeln, so sind auch
,
,
und
Formeln.
Es gibt keine weiteren Zeichenreihen, die Formeln sind, alle Formeln sind schrittweise nach diesen Regeln aufgebaut!
Die Anzahl der Formeln, die auf diese Weise gebildet werden können, hängt von der Anzahl der Aussagenkonstanten ab. Wenn diese höchstens abzählbar ist, gibt es auch nur abzählbar viele Formeln. Gibt es mehr, nämlich
-viele mit
, dann hat die Sprache
-viele Formeln.
Die folgenden Zeichenreihen sind keine Formeln, denn sie lassen sich nicht nach den Regeln der Grammatik erzeugen:
,
,
,
.
Zeichenreihe
|
Begründung
|
|
nach Regel 2 muss auf das Zeichen eine Formel folgen
|
|
nach Regel 3 treten und immer zusammen mit Klammern auf
|
|
mehrere Aussagenkonstante können nicht hintereinander stehen
|
|
hier fehlen die Aussenklammern
|
Die folgenden Zeichenreihen sind Formeln:
,
,
,
.
Formel
|
Begründung
|
|
ist eine Aussagenkonstante, also nach Regel 1 eine Formel, Regel 2 liefert dann
|
|
und sind Aussagenkonstanten, Regel 2 liefert
|
|
, und sind Aussagenkonstanten, nach Regel 2 ist Formel und somit auch
|
|
, und sind Aussagenkonstanten, nach Regel 2 ist Formel und daher auch
|
Wie die letzten beiden Beispiele zeigen, sind Klammern erforderlich, um eindeutig festzustellen, wie eine Formel aufgebaut ist. Einige Klammern können aber eingespart werden, ohne die Lesbarkeit zu beeinträchtigen. Es werden folgende Regeln vereinbart:
- Aussenklammern können weggelassen werden,
und
binden stärker als
und
,
bindet stärker als
.
Beispiele: nach 1 ist
eine Abkürzung für die Formel
, nach 1 und 2 lesen wir
als
.
Den Formeln der Aussagenlogik haben eine Bedeutung: sie sind Wahr oder Falsch. Dabei hängt die Bedeutung der mit Junktoren gebildeten Formeln von den beiden Teilformeln ab, aus denen sie gebildet ist. Da alle Formeln letztlich aus Aussagenkonstanten aufgebaut sind, hängt der Wahrheitswert einer Formel von den Wahrheitswerten ihrer Aussagenkonstanten ab. Eine Interpretation ordnet jeder Aussagenkonstante einen der beiden Wahrheitswerte Wahr oder Falsch zu. Eine solche Zuordnung wird auch Bewertung oder Modell genannt.
Sei
eine Zuordnung der Aussagenkonstanten zu den Werten Wahr (kurz: W) und Falsch (kurz: F) gegeben. Dann wird diese Zuordnung wie folgt auf die Formeln fortgesetzt:
ist Wahr zugeordnet,
ist Falsch zugeordnet.
Ist
Wahr, so ist
Falsch, ist
Falsch so ist
Wahr. Das lässt sich in einer sogenannten Wahrheitstafel wie folgt darstellen:
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W
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F
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F
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W
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ist nur dann Wahr, wenn beide Teilformeln
und
wahr sind:
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W
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W
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W
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W
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F
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F
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F
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W
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F
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F
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F
|
F
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ist schon dann Wahr, wenn eine der beiden Teilformeln
und
Wahr ist:
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W
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W
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W
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W
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F
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W
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F
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W
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W
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F
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F
|
F
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ist Wahr, wenn die Formel
Falsch ist oder wenn die Formel
Wahr ist:
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W
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W
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W
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W
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F
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F
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F
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W
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W
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F
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F
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W
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ist nur dann Wahr, wenn beide Formeln
und
den gleichen Wahrheitswert haben:
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W
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W
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W
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W
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F
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F
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F
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W
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F
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F
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W
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Die so erweiterte Zuordnung
wird Interpretation oder Bewertung, in manchen Zusammenhängen auch Modell genannt.
Definition:
- Eine Bewertung
ordnet allen Formeln wie folgt einen Wahrheitswert aus
zu:
für alle Aussagkonstanten 
und 





Redeweisen:
erfüllt eine Formel
, wenn
der Formel
den Wert Wahr zuordnet.
erfüllt die Formelmenge
, wenn
alle Formeln aus
mit Wahr belegt. Eine andere Redeweise lautet:
ist ein Modell von
bzw. von
.
widerlegt eine Formel
, wenn
die Formel
mit Falsch bewertet.
wird dann auch Gegenbeispiel für
genannt.
Definition: Seien
und
Formelmengen.
- Dann folgt
aus
, wenn für alle Bewertungen gilt: sind alle Formeln aus
Wahr, dann ist wenigstens eine Formel aus
Wahr.
- Schreibweisen:
(aus
folgt
) und
(aus
folgt nicht
).
Damit
gilt, muss es also eine Bewertung
geben, die alle Formeln aus
mit
und alle Formeln aus
mit
belegt.
- Statt
schreiben wir einfach
, lassen also die Klammern
weg.
- Mit
ist
gemeint.
- Ein wichtiger Spezialfall ist
(aus
folgt
).
steht für
(
ist die leere Menge).
Satz: Es gilt
genau dann, wenn 
Beweis:
Es gelte
und es sei
eine Bewertung, die alle Formeln aus
Wahr macht.
Wenn
die Formel
mit Falsch bewertet, sind wir fertig, weil dann
die Formel
erfüllt. Wenn
die Formel
mit Wahr bewertet, ist es nach Voraussetzung die Formel
oder eine Formel aus
Wahr. Im zweiten Fall ist nichts weiter zu zeigen und im ersten Fall ist auch
Wahr.
Gelte nun umgekehrt
und
erfülle alle Formeln aus
.
Wenn
eine Formel aus
Wahr macht, sind wir fertig. Wenn
die Formel
Wahr macht, gibt es zwei Möglichkeiten:
bewertet
mit Falsch, dann ist alles klar. Bewertet
die Formel
mit Wahr, bewertet sie auch die Formel
mit Wahr. Also gilt
. ✔
Eine Formel
ist eine Tautologie, wenn sie bei allen Bewertungen Wahr ist, symbolisch:
. Man sagt auch
ist logisch wahr oder allgemeingültig.
Folgende Sätze gelten, wie man leicht mit Hilfe der Wahrheitstafeln nachprüft:


(Satz vom Widerspruch)
(Satz vom ausgeschlossenen Dritten)
(Modus ponens)
(Kontraposition)
(Ex falso Quodlibet, aus Falschem folgt alles)
Als Beispiel hier die Wahrheitstafel für die Kontraposition, die häufig für Beweise genutzt wird:
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W
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W
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W
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W
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W
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W
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W
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F
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W
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W
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W
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F
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W
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W
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F
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1
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7
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2
|
9
|
5
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3
|
8
|
6
|
4
|
In der letzten Zeile ist die Reihenfolge angegeben, in der die Spalten ausgefüllt werden. Sie entspricht dem Aufbau der Formeln!
Weitere Sätze für die Junktoren
,
,
,
und
:
(Idempotenz)
(Kommutativität)
(Assoziativität)
(Distributivität)
(De Morgansche Gesetze)
(Neutrales Element)
(Komplement)
Diese Sätze gelten ebenfalls, wenn man die Junktoren
mit
und
mit
vertauscht. Eine Struktur, in der diese Sätze gelten, wird Boolesche Algebra genannt. Die Potenzmenge
ist die Menge aller Teilmengen der Grundmenge
. Sie bildet zusammen mit
,
,
,
und
(Grundmenge, leere Menge, Durchschnitt, Vereinigung und Komplement relativ zu
) ebenfalls eine Boolesche Algebra. Die Wirkung der Operatoren kann in sogenannten Venn-Diagrmmen veranschaulicht werden:
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Grundmenge
|
Leere Menge
|
Durchschnitt
|
Vereinigung
|
Komplement
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|
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|
In der letzten Zeile haben wir den entsprechenden Junktor notiert. Hat
nur ein Element ist
auch ein Modell der Aussagenlogik!
Es gibt weitere Junktoren ausser denen, die wir bisher behandelt haben.
Die Junktoren unserer Sprache lassen sich teilweise aufeinander zurückführen. So gilt beispielsweise, wie man mit einer Wahrheitstafel leicht beweist:

Wir könnten also die Subjunktion zunächst aus der Sprache der Aussagenlogik weglassen und durch die folgende Definition wieder einführen:
- Definition:

Auch die Bijunktion und sogar die Disjunktion sind mit Hilfe von
und
definierbar:
- Definition:

- Definition:

Hätten wir in unserer Sprache nur
und
, würden wir zunächst
definieren, dann
und schliesslich
.
Es ist auch möglich, weitere Junktoren zu definieren, beispielsweise die umgekehrte Subjunktion
:
- Definition:

ist nur dann Wahr, wenn genau eine der beiden Teilformeln Wahr ist. Es wird daher auch Exklusives Oder genannt. Als Symbol für diesen Junktor wird auch
oder
verwendet.
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W
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W
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F
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W
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F
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W
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F
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W
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W
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F
|
F
|
F
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- Satz:

- Satz:

ist Wahr, wenn einer der beiden Teilformeln nicht Wahr ist. Dieser Junktor wird auch Nand (nicht und) genannt und mit dem Symbol
bezeichnet.
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W
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W
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F
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W
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F
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W
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F
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W
|
W
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F
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F
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W
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- Satz:

Der Shefferstrich wurde benannt nach dem amerikanischen Mathematiker Henry Maurice Sheffer, der zeigte, dass sich die anderen Junktoren mit Hilfe des Shefferstrich definieren lassen. Es gilt nämlich:


Damit lassen sich
und
definieren und somait auch die anderen Junktoren.
ist Wahr, wenn beide Teilformeln Falsch ist. Dieser Junktor wird nach dem amerikanischen Mathematiker Charles S. Peirce Peircepfeil oder Nor (nicht oder) genannt.
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W
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W
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F
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W
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F
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F
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F
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W
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F
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F
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F
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W
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- Satz:

Auch mit dem Peircepfeil lassen sich
und
definieren:


Junktoren verbinden unterschiedlich viele Teilformeln zu einer neuen Formel. Bei
,
,
und
sind es zwei, bei
nur eine. Man sagt ein Junktor ist 2-stellig bzw. 1-stellig.
und
sind 0-stellig, sie haben überhaupt keine Teilformeln.
Es gibt vier verschiedene einstellige Junktoren. Von diesen ist nur die Negation in Spalte 3 von Interesse.
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1
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2
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3
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4
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W
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W
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W
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F
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F
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F
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W
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F
|
W
|
F
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Junktor:
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Die folgende Wahrheitstafel zeigt, dass es genau 16 verschiedene zweistellige Junktoren gibt. Soweit es ein gebräuchliches Symbol für einen Junktor gibt, ist es in der letzten Zeile eingetragen:
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1
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2
|
3
|
4
|
5
|
6
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7
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8
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9
|
10
|
11
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12
|
13
|
14
|
15
|
16
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W
|
W
|
W
|
W
|
W
|
W
|
W
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W
|
W
|
W
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F
|
F
|
F
|
F
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F
|
F
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F
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F
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W
|
F
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W
|
W
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W
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F
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F
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F
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W
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W
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W
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F
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F
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F
|
F
|
F
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W
|
W
|
W
|
F
|
F
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W
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W
|
F
|
F
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W
|
W
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F
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F
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W
|
W
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F
|
F
|
F
|
F
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W
|
F
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W
|
F
|
W
|
F
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W
|
F
|
W
|
F
|
W
|
F
|
W
|
F
|
W
|
F
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Junktor:
|
|
|
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|
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|
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|
|
|
|
|
Für die bisher nicht behandelten Junktoren geben wir im Folgenden eine Definition an. Dabei steht
als Platzhalter für den Junktor, wenn kein Symbol angegeben ist.
- Definition für Spalte 1:

- Definition für Spalte 4:

- Definition für Spalte 6:

- Definition für Spalte 11:

- Definition für Spalte 12:

- Definition für Spalte 13:

- Definition für Spalte 14:

- Definition für Spalte 16:

Satz: Mit
,
und
sind alle Junktoren definierbar.
Beweis: Sei
ein beliebiger Junktor mit den Teilformeln
,
, ...,
. Für jede Zeile i, mit i = 1, ..., m, in denen
wahr wird, bilden wir die Formel
, wobei

Dann definieren wir
✔
Als Beispiel zeigen wir, wie das dreistellige Entweder-Oder definiert werden kann, das nur dann Wahr ist wenn genau eine der drei Teilformeln
,
oder
Wahr ist:

Ein Kalkül ist ein formalisiertes Regelsystem, in dem aus Zeichenreihen mit Hilfe von Regeln weitere Zeichenreihen erzeugt werden können. Beispielsweise ist die eingangs definierte aussagenlogische Sprache ein Kalkül. Mit Hilfe der Grammatik werden die Zeichenreihen erzeugt, die Formeln sind. Wichtig dabei ist, dass die Regeln ohne Kenntnis irgend einer Bedeutung angewendet werden können. Die Anwendung einer Regel erfolgt rein schematisch und sollte auch von einer Maschine durchgeführt werden können.
Auch die Ermittlung der Wahrheitswerte von mit Junktoren zusammengesetzten Formeln mit Hilfe von Wahrheitstafeln ist ein Kalkül.
In diesem Abschnitt werden wir einen Kalkül vorstellen, mit dem die gültigen Formeln der Aussagenlogik erzeugt werden können. Er wurde 1934 vom deutschen Mathematiker Gerhard Gentzen entwickelt, der ihn als "Kalkül des natürlichen Schliessens" bezeichnete. Er wird Sequenzenkalkül genannt, weil die Zeichenreihen ursprünglich als Folgen von Formeln notiert werden.
Im Weiteren legen wir eine Sprache mit
-vielen Formeln zu Grunde und betrachten die Implikation
und die Bijunktion
als definierte Junktoren, siehe Abschnitt "Eine formale Sprache (Syntax)"
Definition: Seien
und
Formelmengen.
- Dann nennen wir
eine Sequenz oder Beweiszeile.
Schreibweisen
- Statt
schreiben wir einfach
, lassen also die Klammern
weg.
- Mit
ist
gemeint.
- Ein wichtiger Spezialfall ist
(aus
folgt
).
steht für
(
ist die leere Menge).
Anmerkung: Die Ähnlichkeit von
und
ist kein Zufall, sondern beabsichtigt!
Der Kalkül für die Aussagenlogik hat folgende Regeln:
Annahmenregel
|
|
Regeln für Verum und Falsum
|
|
|
Regeln für die Negation
|
|
|
Regeln für die Konjunktion
|
|
|
Regeln für die Disjunktion
|
|
|
Definition: Eine Sequenz
heisst ableitbar, wenn es eine endliche Folge von Sequenzen
- 1.

- 2.

- 3.


- n.

mit endlichen Formelmengen
und
gibt, bei der jede Zeile aus den vorangehenden Zeilen durch eine Regel entsteht und für die letzte Zeile
und
gilt.
Eine solche Folge heisst ein Beweis für
.
Nach Definition von
sind
und
Mengen. Daraus ergeben sich einige Regeln, die Strukturregeln genannt werden. Von diesen Regeln werden wir im Weiteren stillschweigend Gebrauch machen.
Satz:
Verdünnungsregel
|
|
|
Beweis: Nach Voraussetzung gibt es eine Ableitung für
. In dieser Ableitung können wir überall
durch
ersetzen und erhalten so
. Die andere Regel wird entsprechend bewiesen. ✔
Satz:
Vertauschung
|
|
|
Beweis: Links von
steht immer dieselbe Menge
. Im anderen Fall steht rechts
.✔
Satz:
Wiederholung
|
|
|
Beweis: Links von
steht immer dieselbe Menge
. Im anderen Fall steht rechts
.✔
Wir zeigen einige Regeln, die aus den gegebenen Regeln abgeleitet werden können. Auch diese Regeln können dann in weiteren Beweisen verwendet werden, ohne dass die Menge der ableitbaren Sequenzen zu vergrössern.
Die Subjunktion betrachten wir als definierten Junktor
. Für sie gelten folgende Regeln:
Regeln für die Subjunktion
|
|
|
Beweis:
1.
|
|
Voraussetzung
|
2.
|
|
Voraussetzung
|
3.
|
|
linke Negationsregel
|
4.
|
|
linke Disjunktionsregel auf 3. und 1.
|
5.
|
|
Definition von
|
1.
|
|
Voraussetzung
|
2.
|
|
rechte Negationsregel
|
3.
|
|
rechte Disjunktionssregel
|
4.
|
|
Definition von
|
Beweis beendet. ✔
Die Bijunktion betrachten wir als definierten Junktor
.
Für sie gelten folgende Regeln:
Regeln für die Bijunktion
|
|
|
Beweis:
1.
|
|
Voraussetzung
|
2.
|
|
Voraussetzung
|
3.
|
|
Annahmenregel
|
4.
|
|
Linke Subjunktionsregel auf 3. und 2.
|
5.
|
|
Annahmenregel
|
6.
|
|
Linke Subjunktionsregel auf 1. und 5.
|
7.
|
|
Linke Subjunktionsregel auf 6. und 4.
|
8.
|
|
Linke Konjunktionsregel auf 7.
|
9.
|
|
Definition von
|
1.
|
|
Voraussetzung
|
2.
|
|
Voraussetzung
|
3.
|
|
Rechte Subjunktionsregel auf 1.
|
4.
|
|
Rechte Subjunktionsregel auf 2.
|
5.
|
|
Rechte Konjunktionsregel auf 3. und 4.
|
6.
|
|
Definition von
|
Beweis beendet. ✔
Definition: Eine Sequenz
heisst korrekt, wenn auch
gilt.
Satz: Ist
ableitbar, so gilt
.
Beweis:
- Wir führen den Beweis durch Induktion über den Aufbau der Grundregeln für den Sequenzenkalkül.
- Induktionsanfang: Die Annahmenregel ist offensichtlich korrekt, also:
. Da alle Bewertungen
die Formel
mit Falsch und
mit Wahr bewerten sind auch die Regeln für Falsum und Verum korrekt:
und 
- Induktionsschluss: Zu zeigen ist, dass die Regeln für die Junktoren
,
und
die Korrektheit erhalten: sind die Sequenzen korrekt, so auch die erzeugte Sequenz.
- Negation:
Gelte nun
und sei
eine beliebige Bewertung die
erfüllt. Dann erfüllt
auch
und belegt
mit Falsch. Nach Voraussetzung gibt es daher eine Formel
aus
, die
mit Wahr belegt. Das kann aber nicht
sein, also ist
aus
. Das zeigt
.
- Sei nun
und
eine Bewertung die
erfüllt. Belegt
mit Falsch, sind wir fertig, denn dann belegt
mit Wahr. Wenn
mit Wahr bewertet, gibt es nach Voraussetzung eine Formel
aus
die
mit Wahr bewertet. Insgesamt gilt
.
- Konjunktion:
Sei nun
und
eine Bewertung die
erfüllt. Dann belegt
auch
und
mit Wahr, also gibt es nach Vorausstzung eine Formel
aus
die
mit Wahr belegt. Das zeigt
.
- Sei nun
und
und
erfüllt
. Erfüllt
eine Formel aus
ist nichts mehr zu zeigen. Ist das nicht der Fall, erfüllt
und
und somit auch
. Also ist
.
- Disjunktion:
Gelte nun
und
und
erfüllt
, Dann erfüllt
oder
. In beiden Fällen ergibt sich mit der Voraussetzung, dass es eine Formel
aus
gibt, die von
erfüllt wird. Daher gilt
.
- Sei schliesslich
und
erfülle
. Dann folgt aus der Voraussetzung, dass
,
oder eine Formel
aus
erfüllt.
erfüllt aber dann auch eine Formel aus
und somit gilt
. ✔
Die Korrektheit des Kalküls besagt, dass nur gültige Sequenzen abgeleitet werden können. Von grosser Bedeutung ist, dass auf diese Weise alle logischen Folgerungen abgeleitet werden können! Es gilt also auch die Umkehrung der Korrektheit:
Satz: Gilt
, so ist
ableitbar.
Das Ableiten ist ein maschinell prüfbares Verfahren, das in endlich vielen Schritten aus endlich vielen Formeln eine korrekte Folgerung erzeugt. Das ist genau das, was in der Mathematik als Beweis gilt. Der Satz besagt also, dass sich alle logischen Folgerungen auf diese Weise beweisen lassen.
Wir beweisen den Satz nach einer Idee des amerikanischen Logikers Leon Henkin. Dazu nehmen wir an, dass
gilt und konstruieren ein Bewertung
, die
zeigt:
macht also alle Formeln aus
wahr und alle Formeln aus
falsch. Wir vergrössern
und
zu
und
, so dass diese maximal sind aber weiterhin
gilt. Mit diesen Formelmengen wird dann die Bewertung definiert.[1]
Beweis:
Wir zeigen die Kontraposition. Sei also
, d.h. aus
ist
nicht ableitbar, und
die Mächtigkeit der Sprache. Weiterhin sei
mit
eine Aufzählung aller Formeln. Wir definieren rekursiv
und
für
.
und
.
- Für Limeszahlen
sei:
und
.
- Für Nachfolgerzahlen
werden drei Fälle unterschieden:
- wenn
, dann
und 
- wenn
und
, dann
und 
- wenn
und
, dann
und 
Wir werden später sehen, dass der letzte Fall nicht auftritt und setzen nun:
und
Lemma 1: Es gilt
.
Beweis:
Durch Induktion über
folgt:
für alle
. Für
gilt das nach Voraussetzung und für Nachfolgerzahlen nach Konstruktion. Gälte für Limeszahlen
, dann gälte
für ein
, denn für die Ableitung werden nur endlich viele Formeln aus
und
benötigt. Das widerspricht aber der Induktionsvoraussetzung für
.
Insbesondere gilt also
.✔
Lemma 2:
und
sind maximal, d.h. es gilt für eine beliebige Formel
:
und
.
Beweis: Die eine Richtung (
) folgt mit der Nichtableitbarkeit nach Lemma 1.
Sei
und
der Index von
in der Aufzählung aller Formeln. Dann ist
, sonst wäre
. Also gilt
.
Sei nun
. Ist
, dann folgt mit der Annahmenregel
. Sei also
und
der Index von
. Dann ist
und
, sonst wäre
. Also gilt auch in diesem Fall
. ✔
Lemma 3: Abgeschlossenheit von
und
nach unten, d.h. für beliebige Formeln
und
gilt:
- 1.

- 2.
und 
- 3. wenn
, dann 
- 4. wenn
, dann 
- 5. wenn
, dann
und 
- 6. wenn
, dann
oder 
- 7. wenn
, dann
oder 
- 8. wenn
, dann
und 
Beweis:
-
folgt mit der Annahmenregel und Lemma 1.
-
ergibt sich mit den Regeln für Verum und Falsum, sowie Lemma 1.
-
Sei
. Mit Lemma 2 folgt
und mit der Linken Negationsregel
. Erneut mit Lemma 2 folgt
.
-
Sei
. Mit Lemma 2 folgt
und mit der Rechten Negationsregel
. Erneut mit Lemma 2 folgt
.
-
Sei
oder
. Mit Lemma 2 folgt
oder
, also mit Verdünnung auch
. Mit der Linken Konjunktionsregel folgt
und wieder mit Lemma 2:
.
-
Sei
und
. Mit Lemma 2 folgt
und
. Mit der Rechten Konjunktionsregel folgt
und erneut mit Lemma 2:
.
-
Sei
und
. Mit Lemma 2 folgt
und
. Mit der Linken Disjunktionsregel folgt
und mit Lemma 2;
.
-
Sei
oder
. Mit Lemma 2 folgt
oder
und mit Verdünnng
. Mit der Rechten Disjunktionsregel folgt
und mit Lemma 2:
.
Damit ist der Beweis beendet. ✔
Die eben gezeigten Eigenschaften reichen aus, um eine Bewertung
zu definieren, die
beweist:.
Definition der Bewertung
:
- Für alle Aussagenkonstanten
sei
Wahr genau dann, wenn
.
Lemma 4: Für alle Formeln
gilt:
- wenn
, dann ist
Wahr,
- wenn
, dann ist
Falsch.
Beweis durch Induktion über den Aufbau der Formeln:
- Für Aussagenkonstanten gilt die Behauptung nach Definition von
.
- Für Verum und Falsum gilt die Behauptung wegen Lemma 3 Punkt 2.
- Gelte
. Dann gilt nach Lemma 3 Punkt 3.
und nach Induktionsvoraussetzung ist
Falsch. Also ist
Wahr.
Ist
, ist nach Lemma 3 Punkt 4.
und somit
Wahr. Also ist
Falsch.
- Gelte
. Nach Lemma 3 Punkt 5. und Induktionsvoraussetzung sind dann
Wahr und
Wahr. Also ist auch
Wahr.
Ist
, ist nach Lemma 3 Punkt 6. und der Induktionsvoraussetzung
Falsch oder
Falsch. Damit ist auch
Falsch.
- Gelte
. Nach Lemma 3 Punkt 7. und Induktionsvoraussetzung ist dann
Wahr oder
Wahr. Also ist auch
Wahr.
Ist
, sind nach Lemma 3 Punkt 8. und der Induktionsvoraussetzung
Falsch und
Falsch. Daher ist auch
Falsch.
Damit ist Lemma 4 bewiesen. ✔
Da ja
und
gilt auch:
beweist
.
Zusammen mit der Korrektheit des Kalküls gilt also:
Vollständigkeisatz:
ist ableitbar genau dann, wenn
gilt.
Eine Folgerung aus der Vollständigkeit unseres Kalküls ist, das wir die Schnittregel nutzen können, ohne die Menge der logischen Folgerungen zu vergrössern. Die Schnittregel erlaubt es, Formeln "herauszuschneiden", die in der Schlusszeile nicht mehr auftauchen:
Schnittregel
|
|
Beweis: Gelte also
und
und
efülle alle Formeln aus
. Dann erfüllt
wegen der ersten Voraussetzung
oder eine Formel aus
. Im zweiten Fall sind wir fertig. Erfüllt
die Formel
, so folgt aus der zweiten Voraussetzung, dass
eine Formel aus
erfüllt. Also gilt
. ✔
In der Mathematik wird die Schnittregel häufig in der folgenden Form verwendet:
.
Kompaktheitssatz: Eine Formelmenge
ist genau dann erfüllbar, wenn jede endliche Teilmenge von
erfüllbar ist.
Beweis: Die Richtung "
" ist trivial, denn wenn
alle Formeln von
erfüllt, dann natürlich auch alle endlichen Teilmengen von
.
Für die Richtung "
" nehmen wir an, dass alle endlichen Teilmengen von
erfüllbar sind, aber
selbst nicht. Dann gilt
und nach dem Vollständigkeitssatz folgt
. Für den Beweis werden aber nur endlich viele Formeln aus
benötigt, also gibt es eine endliche Teilmenge
mit:
und
ist nicht erfüllbar. ↯
- ↑ Jürgen-Michael Glubrecht: Ein Vollständigkeitsbeweis für schnittfreie Kalküle mit der Maximalisierungsmethode von Henkin, im Archiv für mathematische Logik und Grundlagenforschung Band 22 (1982) S. 159 - 166