Wir wollen die Biegung eines Rohrstocks für unterschiedliche Belastungsfälle berechnen. Wir nehmen an dass der Rohrstock dünn ist und dass er nur ein kleines bisschen verbogen wird. Im wesentlichen handelt es sich hier um die seit langem bekannt Balkentheorie. Wir wollen jedoch die Gleichungen noch einmal von Grund auf herleiten.
Wir betrachten zunächst ein vereinfachtes Modell des Rohrstocks, wie wir es in der folgenden Abbildung sehen ist:
Im oberen Teil sehen wir ein Modell des unbelasteten Rohrstocks. Die dicken durchgehenden Linien stellen dünne leicht verbiegbare Holzstäbchen dar und die dünnen gezackten Linien stellen kleine Federn dar, die mit den Holzstäbchen an einigen Stellen verbunden sind.
Wenn wir uns nun im unteren Teil der obigen Abbildung den gebogenen Rohrstock anschauen so sehen wir, dass die oberen Federn gestaucht und die unteren Federn gestreckt wurden. Wenn wir jetzt das Holzstäbchen ganz links außen betrachten so sehen wir, dass es durch die Federn im oberen Teil nach links gedrückt und durch die Federn im unteren Teil nach rechts gezogen wird. Also versuchen die Kräfte es insgesamt im Gegenuhrzeigersinn zu drehen. Es wirkt also ein Drehmoment auf das Stäbchen ein. Für das Holzstäbchen ganz rechts außen ist die selbe Überlegung mit umgekehrten Vorzeichen richtig. Die Kräfte versuchen es im Uhrzeigersinn zu verdrehen. Bei allen Stäbchen in der Mitte gleichen sich links- und rechtsdrehende Kräfte vollständig aus. In der aktuellen Situation würden also die äußeren Stäbchen sofort anfangen sich wieder zurückzudrehen, dann würden ihnen die inneren Nachfolgen und schließlich würde der Rohrstock wieder seine ursprüngliche unverformte Gestalt annehmen. Damit das nicht passiert müssen wir die äußeren Stäbchen durch äußere Drehmomente davon abhalten. Sie müssen genauso groß wie die durch die Federn aufgebrachten sein und ihnen von der Richtung her entgegen stehen.
In der folgenden Abbildung ist die Durchbiegung eines Rohrstocks dargestellt:
Wir sehen deutlich, dass das Drehmoment was wir auf der linken Seite einleiten im Uhrzeigersinn gerichtet ist. Und das auf der rechten Seite im Gegenuhrzeigersinn. Also ist unsere Vorhersage aufgrund des oben beschriebenen Modells richtig.
Es beschreibt, dass sich alle Materialien unter Einfluss einer äußeren Kraft verformen. Ferner ist die Längenänderung der Kraft proportional. Dies ist also genauso wie bei einer Feder. Wenn man statt einem Stück Material, zwei Stücke verformen will, braucht man die doppelte Kraft; deshalb steht die Fläche im Zähler. Wenn man zwei gleiche Stücke hintereinander schaltet, so ist die Gesamtverformung gerade doppelt so groß, wie die Verformung eines Stücks; daher steht im Nenner. Und der Elastizitätsmodul ist eine Materialkonstante. Das Gesetz ist also recht anschaulich.
Wir können hiermit die Federhärte der Federn bestimmen und die Biegung der Rohrstocks rechnerisch beschreiben. Die dicke horizontale Linie in unserem Modell bezeichnet man als die neutrale Faser. Würde man Federn betrachten die genau auf der neutralen Faser liegen so würde sich ihre Länge nicht ändern wenn wir von unbelasteten in den gebogenen Zustand übergehen. Dies kann man sich leicht am obigen Modell veranschaulichen. Je weiter man sich von der neutralen Faser entfernt um so stärker müssen sich die dort angebrachten Federn verformen. Bezeichnen wir den Abstand von der neutralen Faser mit so haben wir
Betrachten wir nun einen sehr kurzen Balken der Länge wie er in der folgenden Abbildung gezeigt ist.
Aus der Abbildung können wir ablesen:
Daraus folgt für die Kraft die ein Flächenelement im Abstand von der neutralen Faser nach dem Hookeschen Gesetz ausübt:
Für das Drehmoment (bezüglich neutralen Faser als Drehpunkt) ergibt sich:
Das Integral
bezeichnet man als Flächenträgheitsmoment. Mit dieser Schreibweise erhalten wir.
Wenn wir noch einmal das erste und das letzte Bild betrachten so sehen wir, dass das letzte Bild zeichnerisch etwas ungenau ist. Die neutrale Faser sollte an der rechten Seite nicht mehr horizontal verlaufen sondern mit der Horizontalen den Winkel einschließen. Wenn wir den Verlauf der neutralen Faser als Funktion auffassen so können wir für ihre Steigung schreiben:
Nun kommen wir zum langweiligsten Teil unserer Betrachtungen, der konkreten Lösung der Euler Bernoulli Gleichung für einige Spezialfälle.
Die Ergebnisse sind in der Grafik auf rechten Seite bereits zusammengefasst. Unsere Aufgabe besteht also nur darin die Gleichungen nachzurechnen.