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Soziologische Klassiker/ Coser, A. Lewis

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Grundstruktur


Biographie in Daten

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Lewis Alfred Coser

  • geboren am 27. November 1913 in Berlin (GER)
  • gestorben am 8. Juli 2003 in Cambridge/Massachusetts (USA)


  • 1913 mit dem Namen Ludwig Cohen als Sohn eines Börsenmaklers in Berlin geboren. Sein Vater entschied sich auf Grund des aufkommenden Antisemitismus für die Anglisierung des Namens Lewis.
  • 1933 Beginn des Studiums an der Sorbonne in Paris, um als überzeugter Marxist der Judenverfolgung zu entkommen. Eines seiner Hauptfächer war Belletristik.
  • 1941 gelang es Coser, von einem deutschen Internierungslager nach Portugal zu flüchten, um von dort aus in die USA zu emigrieren.
  • 1942 heiratete er Rose Laub, die drei Jahre zuvor Deutschland verlassen hatte, und ihn durch die Genehmigung zur Ausreise in die USA gerettet hatte.
  • 1944 Erwerb des Doktorats an der Columbia University, nachdem er als Garderobier, Packer und Übersetzer gearbeitet hatte.
  • 1951-68 Professur an der Brandeis University in Boston, an der er die soziologische Abteilung begründete. Danach war er Professor an der State University of New York. Coser veröffentlichte nahezu zwanzig Bücher und zahlreiche Artikel.
  • 1974-75 war er Präsident der American Sociological Association.
  • 1994 Tod seiner Frau Rose Laub.


Historischer Kontext

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Lewis A. Coser wurde 1913 in Berlin geboren. Im Alter von 20 Jahren entschied er sich nach Frankreich zu gehen, um dem an Stärke gewinnenden Antisemitismus zu entfliehen und begann dort an der Sorbonne zu studieren. Als er auch in Frankreich nicht mehr vor deutschen Internierungslagern sicher war, versuchte er 1941 Frankreich über Portugal zu verlassen, um von dort in die Vereinigten Staaten einzureisen. In den USA gelang es ihm ein Doktorat zu erwerben, weiters begann er an politisch-ideologischen Auseinandersetzungen teilzunehmen. Wie er selbst in seinem Werk "The Functions of Social Conflict" schreibt, griff er das Thema Konflikt auf, um den damals in der amerikanischen Soziologie negativ geprägten Begriff, zu kritisieren und neu einzuführen.


Theoriegeschichtlicher Kontext

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1956 veröffentlichte Lewis A. Coser sein Werk über die Konflikttheorie „The Functions of Social Conflict“(beeinflusst durch Karl Marx, Max Weber, Emile Durkheim, Georg Simmel, Sigmund Freud, M. Scheler) und vollendete damit das in der amerikanischen Soziologie bereits oft diskutierte Thema über den Sinn des Konflikts. Im Gegensatz zu Dahrendorf, der den Konflikt als Ausübung der Macht formulierte, stellte Coser Theorien über einen sozialen Konflikt auf. Coser übernahm Georg Simmels Theorien, die jener 1908 unter dem Titel „Der Streit“ publizierte, und versuchte damit zu einer positiveren Ansicht des Konflikts zu kommen. Er kritisierte in seinem Buch Talcott Parsons Theorien, die den Konflikt als eine „Krankheit“ darstellen und allein dysfunktionale und desintegrative Wirkungen aufzeigen. Für Coser hatte der Konflikt eine integrative Funktion für Gruppen und die Gesamtgesellschaft. Konflikt trug für ihn zur Gruppenbildung und zum Gruppenerhalt bei.


Werke

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  • The Functions of Social Conflict (Theorie sozialer Konflikte), 1965
  • Sociological Theory, 1964
  • Men of ideas, 1965
  • Political Sociology, 1967
  • Continuities in the study of Social Conflict, 1967
  • Masters of Sociological Thought, 1970
  • Greedy Institutions, 1974
  • The Idea of Social Structure, Papers in Order of R. K. Merton, 1975
  • The Uses of Controversy in Sociology, 1976
  • Refugee Scholars in America, 1984
  • Conflict and Consensus, 1984


Das Werk in Themen und Thesen

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Cosers 16 Thesen zur Theorie sozialer Konflikte:

1. Gruppenfestigende Formen des Konflikts. Auf der anderen Seite tritt die durchaus positive und integrierende Rolle des Antagonismus an Fällen hervor, wo die Struktur durch die Schärfe und sorgfältig konservierte Reinheit sozialer Einteilungen und Abstufungen charakterisiert wird.

2. Gruppenerhaltende Funktion des Konflikts. So ist die Opposition eines Elementes gegen eine ihm vergesellschaftetes schon deshalb kein bloß negativ sozialer Faktor, weil sie vielfach das einzige Mittel ist, durch das uns ein Zusammen mit eigentlich unaushaltbaren Persönlichkeiten noch möglich ist.'

3. Echter und unechter Konflikt. Ein anderer Grenzfall scheint gegeben, wenn der Kampf ausschließlich durch Kampflust veranlasst ist. Beim unechten Konflikt geht es nicht darum eine Lösung zu finden, sondern nur um die Vernichtung des anderen (unterdrückter Konflikt, das wirkliche Problem wird nicht angesprochen). Echte Konflikte sind produktive oder rationale Konflikte, bei denen es darum geht, Lösungen zu finden.

4. Konflikt und feindselige Impulse. Feindselige Impulse allein reichen zur Erklärung von Konflikten nicht aus.

5. Feindseligkeit in engen sozialen Beziehungen. Erotische Beziehungen bieten die häufigsten Beispiele. Wie oft erscheinen sie uns zusammengewebt aus Liebe und Achtung.

6. Das Vorhandensein von Konflikten kann ein Zeichen für die Stabilität von Beziehungen sein.

7. Je enger die Beziehung desto intensiver der Konflikt.

8. Konflikte innerhalb von Gruppen wirken reinigend und verhindern Spaltungen.

9. Konflikte mit Fremdgruppen verstärken den inneren Zusammenhalt.

10. Der Konflikt mit einer anderen Gruppe bestimmt die Gruppenstruktur und die Reaktion auf inneren Konflikt.

11. Im Kampf erprobte Gruppen sind auf die Suche nach Feinden angewiesen.

12. Ideologische Konflikte sind oft besonders hart. Hierbei besteht ein unechter Konflikt (Weltanschauungs- oder Identitätskonflikt).

13. Konflikt bindet Gegner aneinander. Arbeitskonflikte, Konfliktfreundschaft.

14. Interesse an der Einigkeit des Feindes

15. Konflikt schafft und erhält Gleichgewicht der Macht.

16. Konflikt schafft Vereinigungen und Koalitionen.


Rezeption und Wirkung

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Die amerikanische Soziologie befasste sich in den 50er Jahren nur wenig mit dem Thema „Konflikt“. Für deren Vertreter galt der Konflikt als mehr störend denn funktional. Konflikt musste unter Kontrolle gebracht werden, da dieser zu Spannungen in der Gesellschaft führen würde. Cosers Dissertation, die er 1954 an der Columbia University im Umfeld der Theorieschule um Robert K. Merton verfasste und weiterentwickelte, griff damit ein klassisches soziologisches Problem auf. Coser verband die damals dominanten strukturfunktionalistischen Theorien mit jenen von europäischen Autoren (wie Georg Simmel), die Konflikt als „funktional“ betrachteten.

Durch Cosers Theorien ergab kam es zur Weiterentwicklung des Strukturfunktionalismus. Coser beeinflusste durch sein Werk sämtliche Bewegungen in den USA, wie das „civil rights movement“ Ende der 60er Jahre. Die „68er-Generation“ (miss)brauchte jedoch die Gedanken Cosers als Anleitung zur Zerstörung von Systemen. Für Coser sollten Konflikte aber nur dann dysfunktionale Wirkung haben, wenn sich ein System starr und inflexibel gegenüber Interessenkonflikten verhalten würde.

Neben Ralf Dahrendorfs „Class and Class Conflict in Industrial Society“, das 1959 veröffentlicht wurde und die Theorien Cosers mitbeinhaltet, zählen Cosers 16 Thesen zu den wichtigsten Beiträgen der internationalen Konfliktsoziologie.


Literatur

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  • Dirk Kaesler[Hrsg.] (2000):
    "Hauptwerke der Soziologie"
  • Bernsdorf Wilhelm [Hrsg.] (1959):
    "Internationales Soziologenlexikon"
  • Oesterdiekhoff Georg [Hrsg.] (2001):
    "Lexikon der soziologischen Werke"


Internetquellen

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