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Zivilprozessrecht im 2. Staatsexamen: Die Veräußerung der streitbefangenen Sache

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Veräußert eine der Parteien während des Prozesses das Recht oder den Gegenstand um den gestritten wird, verliert grundsätzlich entweder der Kläger die Aktiv- oder der Beklagte die Passivlegitimation. Um zu verhindern, dass nach der Veräußerung ein neuer Prozess geführt werden muss, oder eine Entscheidung gar durch eine Kette von Veräußerungen gänzlich unmöglich wird, regeln die § 265, § 266 ZPO die Fortführung des Prozesses mit den alten Parteien während § 325 ZPO die Erstreckung der Rechtskraft auf den Erwerber der Sache sicherstellt.

Grundlagen

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Sache im Sinne der §§ 265, 266 ZPO ist jeder Streitgegenstand (Streitsache), also neben körperlichen Gegenständen im Sinne von § 90 BGB auch Rechte.

Die Definition des Begriffs streitbefangen ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung der §§ 265, 266 ZPO. Eine Sache ist demnach streitbefangen, wenn durch ihre Veräußerung der Kläger nicht mehr aktiv- oder der Beklagte nicht mehr passivlegitimiert ist. Was genau die streitbefangene Sache im prozessualen Sinn ist, hängt damit von der Natur des geltend gemachten Anspruchs ab. Zum Beispiel ist bei einer Klage aus § 985 für den Kläger das Eigentum an einem Gegenstand streitbefangen, für den Beklagten der Besitz.

Veräußerung oder Abtretung im Sinne des § 265 ZPO ist jeder Rechtsübergang durch Einzelrechtsnachfolge, durch den der Kläger die Aktiv- oder der Beklagte die Passivlegitimation verliert und ein Dritter sie erhält. Die Gesamtrechtsnachfolge ist in § 239 ZPO und § 242 ZPO speziell geregelt. Der Begriff Veräußerung ist streng nach dem Zweck der §§ 265, 266 ZPO zu sehen. Wird ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übergabe und Übereignung eines Gegenstandes geltend gemacht, ist der Gegenstand nicht streitbefangen, auch wenn er vom Beklagten an einen Dritten verkauft und übereignet wird, obwohl eine "Veräußerung" im allgemeinen Wortsinn vorliegt. Es ändert sich nichts an der Sachlegitimation, der Anspruch auf Übergabe und Übereignung ist weiter nur gegen den ursprünglichen Beklagten gegeben, nicht gegen den Dritten, der den Gegenstand erworben hat.

Prozessuale Folgen

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Nach § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO hat die Veräußerung oder Abtretung keinen Einfluss auf den Rechtsstreit. Der bisherige Rechtsinhaber bleibt weiterhin allein prozessführungsbefugt, ab der Veräußerung oder Abtretung als gesetzlicher Prozessstandschafter, der im eigenen Namen ein fremdes Recht geltend macht. Ein Parteiwechsel bei dem der aktuelle Rechtsinhaber für den Veräußerer in den Prozess eintritt ist nur mit Zustimmung der Gegenpartei zulässig, § 265 Abs. 2 S. 2 ZPO.

Veräußerung/Abtretung durch den Kläger

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Der Wegfall der Sachlegitimation des Klägers wirkt sich auf die Anträge aus. Da der Kläger nach Veräußerung kein eigenes Recht auf die streitbefangene Sache mehr hat, muss er seinen Antrag umstellen auf Leistung an den aktuellen Rechtsinhaber, falls dieser ihm nicht ausdrücklich oder konkludent eine Einziehungsermächtigung erteilt hat. Die Umstellung ist nach § 264 Nr. 2 ZPO auch ohne Zustimmung des Beklagten immer zulässig.[1]

Eine Ausnahme gilt nach § 265 Abs. 3 ZPO falls sich die subjektive Rechtskraft des Urteils nicht auf den erwerbenden Dritten erstrecken würde. Das ist der Fall, wenn der Dritte gutgläubig erworben hat, § 325 Abs. 2 ZPO. Da in diesem Fall eine Verurteilung den Beklagten nicht vor einer weiteren Klage durch den neuen Rechtsinhaber schützen würde, steht ihm die Einrede zu, dass der Kläger nicht aktivlegitimiert ist. Nach herrschender Meinung ist in diesem Fall die Klage als unbegründet abzuweisen. Nach anderer Ansicht stellt § 265 Abs. 3 ZPO eine Ausnahme dar, bei deren Eingreifen § 265 Abs. 2 ZPO überhaupt nicht anwendbar ist. Nach allgemeinen Regeln wäre die Klage dann wegen fehlender Prozessführungsbefugnis als unzulässig abzuweisen.

Veräußerung/Abtretung durch den Beklagten

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Hat der Beklagte die streitbefangene Sache veräußert oder abgetreten, kann er den Antrag auf Klageabweisung beibehalten.

Der Kläger kann nach seiner Wahl

  • ohne Zustimmung des Beklagten (§ 264 Nr. 3 ZPO) die Klage umstellen auf Schadensersatz oder Herausgabe des Surrogats,
  • die Klage zurücknehmen und den Erwerber verklagen,
  • oder den Klageantrag aufrecht erhalten und in der Zwangsvollstreckung entweder durch Umschreibung des Titels nach § 727 ZPO oder durch Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel nach § 731 ZPO versuchen, den Dritten in Anspruch zu nehmen. War der Dritte beim Erwerb jedoch gutgläubig bezüglich der Berechtigung des Beklagten zur Veräußerung und fehlender Rechtshängigkeit gilt § 325 Abs. 2 ZPO, eine Vollstreckung gegen den Dritten ist dann nicht möglich.

Eine einseitige Erledigungserklärung durch den Kläger scheidet hingegen aus, da die Rechtsnachfolge nach § 265 Abs. 2 S. 1 gerade nicht zur Unbegründetheit der Klage führt. Die Klage bleibt selbst dann begründet, wenn der Erwerber gutgläubig war, § 265 Abs. 3 ZPO gilt nicht für die Veräußerung durch den Beklagten.

Sonderregelung für Grundstücke

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Bei der Grundstücksveräußerung weicht § 266 ZPO von § 265 Abs. 2 S. 2 ZPO ab. Hier kann der Rechtsnachfolger den Prozess übernehmen und muss das auf Antrag sogar tun. Als Grund für diese Sonderregelung wird von der herrschenden Meinung angeführt, dass der Prozessgegner bei streitbefangenen Grundstücksrechten prozessual weniger schutzbedürftig ist, da der Verkauf eines Grundstücks während des Prozesses sehr viel aufwendiger ist und als gezielte taktische Manipulation der Rechtsstellung der Parteien damit weniger wahrscheinlich.


Fußnoten

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  1. Musielak-Foerste, 10. Aufl. 2013 § 265 Rn. 10