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Zivilprozessrecht im 2. Staatsexamen: Nebenintervention

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Mit der Nebenintervention kann ein außerhalb des Rechtsstreits stehender Dritter sich zur Wahrung seiner rechtlichen Interessen am Prozess beteiligen, indem er eine der Parteien unterstützt. Er wird dadurch nicht Partei, erhält aber rechtliches Gehör und kann auf den Prozessverlauf einwirken, solange und soweit er sich damit nicht in Widerspruch zur von ihm unterstützten Partei setzt.

Interessenlage

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Mit der Nebenintervention kann der Dritte verhindern, dass ein Rechtsstreit geführt wird, der seine eigenen Interessen berührt, ohne dass er entsprechenden Einfluss nehmen kann. Häufigster Anwendungsbereich ist die Streitverkündung. Verkündet eine Partei, die glaubt, einen potentiellen Regressanspruch gegen den Dritten zu haben, diesem den Streit, tritt dadurch die Interventionswirkung nach § 68 ZPO ein, auch wenn der Dritte nichts weiter unternimmt, § 74 Abs. 3 ZPO. Er läuft daher Gefahr, dass die streitverkündende Hauptpartei den Prozess nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit führt, da es ihr an einem entsprechenden Anreiz fehlt: Verliert sie den Prozess kann sie sich immer noch beim Dritten schadlos halten. Mit der Nebenintervention kann der Dritte sicherstellen, dass der Vorprozess in seinem Sinne geführt wird.

Voraussetzungen der Nebenintervention

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Als Nebenintervenient kann nur einem bereits anhängigen, aber nicht notwendig bereits rechtshängigen, Verfahren zwischen zwei anderen Personen beigetreten werden. Notwendig ist außerdem ein Interventionsgrund, also ein rechtliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Ein rein tatsächliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse genügt nicht.

Die Literatur[1] unterscheidet vier Fallgruppen des rechtlichen Interesses:

  • Das Urteil im Hauptprozess hat gegenüber dem Dritten Rechtskraft (z.B. §§ 325 bis 327Vorlage:§/Wartung/buzer ZPO)
  • Die Gestaltungswirkung des Urteils betrifft auch den Dritten (z.B. den Aktionär im Anfechtungsprozess)
  • Aus dem Urteil kann gegen den Dritten vollstreckt werden (z.B. §§ 738, 740 und 741Vorlage:§/Wartung/buzer ZPO)
  • Das Urteil ist vorgreiflich für die rechtlichen Beziehungen des Dritten zu einer Partei (z.B. Regressrecht, akzessorische Haftung)

Im Vorprozess

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Antrag

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Der Beitritt erfolgt durch Einreichung eines Schriftsatzes. Vor dem Landgericht gilt § 78 ZPO. Der Inhalt ergibt sich aus § 70 Abs. 1 ZPO. Nur die Prozesshandlungsvoraussetzungen (Partei-, Prozess-, Postulationsfähigkeit) werden von Amts wegen schon bei Erklärung des Beitritts geprüft. Wird der Beitritt wegen ihres Fehlens als unzulässig zurückgewiesen, ergeht ein nach § 567 ZPO anfechtbarer Beschluss.

Zwischenstreit

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Widerspricht niemand dem Beitritt, wird die Nebenintervention zugelassen. Rügt hingegen eine der Hauptparteien die Zulässigkeit, ist dies als Antrag nach § 71 ZPO zu verstehen. Nur und erst dann werden die Voraussetzungen der Nebenintervention geprüft. Der Nebenintervenient muss jetzt das Vorliegen eines Interventionsgrundes gem. § 294 ZPO glaubhaft machen. Eine Mängelheilung nach § 295 Abs. 1 ZPO ist möglich. Die Entscheidung des Gerichts ergeht nach § 71 Abs. 2 ZPO in Form eines Zwischenurteils, das auch mit dem Endurteil verbunden werden kann. Der Tenor lautet entweder auf Zulassung oder Zurückweisung des Nebenintervenienten. Rechtsmittel ist nach § 71 Abs. 2 ZPO die sofortige Beschwerde, auch wenn das Zwischenurteil mit dem Endurteil ergeht.[2] Ist das Endurteil rechtskräftig, entfällt jedoch das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde, da der Nebenintervenient in diesem Fall keine Möglichkeit mehr hat, Einfluss auf den Rechtsstreit zu nehmen.

Stellung des Nebenintervenienten im Rechsstreit

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Befugnisse des Nebenintervenienten

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Die Nebenintervenient handelt im eigenen Namen kraft eigenen Rechts. Er kann alle Prozesshandlungen vornehmen, die auch von der von ihm unterstützen Partei vorgenommen werden könnten. Sie haben die Wirkung, als habe sie die Hauptpartei selbst vorgenommen. Damit kann er z.B. bei Säumnis der Hauptpartei ein Versäumnisurteil abwenden, indem er verhandelt. Er kann Behaupten, Bestreiten und Beweis antreten, ohne sich vorher mit der Hauptpartei abzusprechen. Er hilft jedoch nur der unterstützten Partei, deren Rechtsschutzziel zu erreichen. Unmittelbar eigene Interessen kann er nicht verfolgen. Unwirksam ist nach § 67 ZPO jede Handlung, die im Widerspruch zur Hauptpartei steht. So kann er der Hauptpartei unstreitig Gestelltes nicht bestreiten. Im Zweifel sind seine Prozesshandlungen aber wirksam, bis ein entgegenstehender Wille der Hauptpartei festgestellt werden kann.

Der Nebenintervenient kann als Zeuge vernommen werden, da er nicht Partei ist. Gegen ihn kann kein Antrag gestellt werden und außerhalb der Kostenentscheidung wird ihm im Urteil nichts zu- oder aberkannt. Er hat das Recht an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen und sie schriftsätzlich vorzubereiten. Alle Schriftsätze, Ladungen und Bekanntmachungen werden ihm formlos mitgeteilt.

Faktisch kann der Nebenintervenient, eine entsprechend indifferente Haltung der Hauptpartei vorausgesetzt, den gesamten Prozess allein führen. Insbesondere kann er auch Rechtsmittel für die unterstützte Partei einlegen und begründen (läuft aber Gefahr, dass die von ihm unterstützte Partei das Rechtsmittel zurücknimmt wodurch es unzulässig wird).

Grenzen der Befugnisse

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Der Nebenintervenient ist an den Streitgegenstand gebunden und kann die Klage daher weder ändern, erweitern, beschränken, noch zurücknehmen. Ebenso wenig kann er Rechtsmittel der Hauptpartei zurücknehmen, Widerklage erheben, Ansprüche anerkennen, den Rechtsstreit für erledigt erklären oder einen Vergleich schließen.

Gleichzeitig muss der Nebenintervenient den Rechsstreit in der Lage annehmen, in der er zum Zeitpunkt seines Beitritts befindet, § 67 S. 1 ZPO. An bis dahin bereits erfolgten Prozesshandlungen kann der Nebenintervenient nichts mehr ändern, es sei denn auch die Hauptpartei könnte das noch (z.B. Rücknahme eines Geständnisses)

Darstellung der Nebenintervention im Urteil

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Rubrum

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Im Rubrum wird der Nebenintervenient unmittelbar nach der unterstützten Partei genannt und als Nebenintervenient (teilweise auch Streithelfer) bezeichnet.

Tenor

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In der Hauptsacheentscheidung wird der Nebenintervenient nicht genannt, da er nicht Partei ist.

In der Kostenentscheidung muss wegen § 101 ZPO differenziert werden zwischen den Kosten der Nebenintervention und den sonstigen Kosten des Rechtsstreits. Die Gerichtskosten und die Rechtsanwaltskosten der Hauptparteien werden wie gewöhnlich nach § 91 ff. ZPO aufgeteilt. Die Kosten der Nebenintervention, also die Rechtsanwaltskosten des Nebenintervenienten, Auslagen und Mehrkosten durch seine Teilnahme am Rechtsstreit, werden insofern erstattet, als sie der vom Nebenintervenienten unterstützten Hauptpartei erstattet würden. Unterliegt die unterstützte Hauptpartei trägt der Nebenintervenient seine Kosten daher selbst, obsiegt sie, trägt die Kosten der unterlegene Gegner. Die unterstützte Hauptpartei trägt nie die Kosten der Nebenintervention. Bei Kostenaufhebung nach § 92 Abs. 1 S. 2 ZPO trägt der Nebenintervenient seine Kosten selbst.[3] Mit den Kosten eines erfolglosen Rechtsmittels wird der Nebenintervenient nur belastet, wenn er allein das Rechtsmittel eingelegt hat und die Hauptpartei ansonsten im Rechtsmittelverfahren vollständig passiv geblieben ist, § 97 Abs. 1 ZPO analog. Dasselbe gilt, wenn das Rechtsmittel wegen Widerspruchs der Hauptpartei unzulässig war oder wird.

Ein gesonderter Ausspruch zur Vollstreckbarkeit des Urteils für den Nebenintervenienten ist nötig, wenn er aus dem Urteil einen Kostenerstattungsanspruch hat.

Tatbestand

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Vortrag des Nebenintervenienten, den keine der Hauptparteien beanstandet, wird als unstreitig behandelt. Bestreitet nur der Gegner den Vortrag, wird er der Hauptpartei zugerechnet und wie deren eigener streitiger Vortrag verwertet. Bestreiten Gegner und Hauptpartei wird der - prozessual unwirksame - Vortrag des Nebenintervenienten nach dem streitigen Vorbringen der unterstützten Partei deutlich abgesetzt dargestellt. Das gilt auch, wenn nur die unterstützte Hauptpartei gegnerischen Vortrag bestreitet, der Nebenintervenient ihn hingegen zugesteht.

In der Prozessgeschichte werden die Fakten der Nebenintervention dargestellt ("...ist mit Schriftsatz vom ... der Klägerin beigetreten...")

Interventionswirkung im Folgeprozess

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Im Folgeprozess zwischen Hauptpartei und Nebenintervenient tritt die Interventionswirkung gem. § 68 ZPO ein.

Voraussetzungen

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Der Vorprozess muss durch formell rechtskräftiges Urteil abgeschlossen sein. Ob der Beitritt zulässig war, wird abgesehen von den Prozesshandlungsvoraussetzungen, nicht nachgeprüft. Beruht die Interventionswirkung auf einer vorangegangenen Streitverkündung ohne Beitritt durch den Streitverkündeten (§ 74 Abs. 3 ZPO) sind jetzt die Voraussetzungen der Streitverkündung zu prüfen.

Reichweite der Interventionswirkung

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Zugunsten der unterstützten Hauptpartei, nicht aber zu ihren Lasten, gilt dabei die Entscheidung des Gerichts im Vorprozess, inklusive ihrer rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen, als richtig. Bindend für den Folgeprozess sind sie allerdings nur, soweit das Urteil im Vorprozess auf gerade diesen Feststellungen beruht (nicht also z.B. obiter dicta). Die Interventionswirkung ist von Amts wegen zu beachten.

Grenzen der Interventionswirkung

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Wegen des Verbots für den Nebenintervenienten, sich im Vorprozess in Widerspruch zur Hauptpartei zu setzen, kann die Interventionswirkung nicht unbegrenzt sein. § 68 S. 2 ZPO eröffnet dem Nebenintervenienten daher die Einrede der mangelhaften Prozessführung. Hierzu muss er darlegen und beweisen, keine angemessene Gelegenheit gehabt zu haben, auf den Vorprozess Einfluss zu nehmen und dass andernfalls eine andere Entscheidung im Vorprozess gefallen wäre.


Fußnoten

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  1. Musielak-Weth, 10. Aufl. 2013, § 66 Rn 7.
  2. Musielak-Weth, 10. Aufl. 2013, § 71 Rn 6.
  3. Das gilt auch wenn die Kostenregelung im Vergleich gezielt darauf gerichtet war, dem Nebenintervenienten einen Kostenerstattungsanspruch abzuschneiden, BGH NJW-RR 2005, 1159.