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Astronomische Berechnungen für Amateure/ Zeit/ Sternzeit

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Die Erde rotiert um ihre eigene Achse. Die scheinbare Bewegung Sonne am Erdhimmel ist nicht nur das Abbild dieser Rotation, sondern eine Kombination aus der Rotation der Erde und aus der Umlaufbewegung der Erde um die Sonne. Wollen wir die Rotation der Erde allein erfassen, so müssen wir die Bewegung eines Fixpunktes am Sternenhimmel beobachten. Üblicherweise nimmt man dafür den Frühlingspunkt. Er definiert ein neues Zeitmaß: in der Zeit von 23 h 56 min 4,091 s mittlerer Sonnenzeit dreht sich der Frühlingspunkt einmal um die Erde, überstreicht also am Erdhimmel einen Winkel von 360°. Dies entspricht einem vollen Sterntag (tropischer Tag) zu 24 Sternstunden. Das Verhältnis von Sonnen- und Sternzeit beträgt demnach:


Es ist per Definition 0 h Sternzeit, wenn der Frühlingspunkt im Meridian kulminiert. Damit ist auch die Sternzeit ein lokales Zeitmass. Sie wird gelegentlich als Local Sidereal Time LST bezeichnet. Da der Frühlingspunkt nicht wirklich fix ist, unterscheiden wir wie bei der Sonnenzeit zwischen der mittleren Sternzeit (die Definition bezieht sich auf den mittleren Frühlingspunkt) und der scheinbaren[1] Sternzeit (die Definition bezieht sich auf den wahren oder momentanen Frühlingspunkt). Der Unterschied entspricht der Zeitgleichung („equation of time“) bei der Sonnenzeit und wird als Gleichung des Äquinoktiums („equation of equinox“) oder Nutation in Rektaszension bezeichnet, hat aber eine ganz andere physikalische Erklärung: für die mittlere Sternzeit werden in der Position des Frühlingspunktes die Effekte der Nutation herausgemittelt.

Wie bei der Sonnenzeit gilt auch bei der Sternzeit der Meridian von Greenwich als Referenz: je nachdem sprechen wir von der Greenwich Mean Sidereal Time GMST bzw. von der Greenwich Apparent Sidereal Time GAST. Einer der beiden Werte wird häufig für 0 h UT in Tabellenwerken publiziert. Auf entsprechenden Seiten im Internet kann man direkt die aktuelle Sternzeit (bezogen auf die Serverzeit), oft sogar nach Wunsch für beliebige Orte, berechnen und anzeigen lassen[2]. Astronomen benötigen die lokale Sternzeit, wenn sie die exakte Position eines Objektes am lokalen Himmel bestimmen wollen, um es z.B. mit einem Teleskop anfahren und danach beobachten oder fotografieren zu können.

Die Berechnungen basieren auf folgendem Vorgehen: es gibt eine Rechenvorschrift, um GMST um 0 h UT zu einem beliebigen Datum berechnen zu können. Es existieren ebenfalls Rechenvorschriften, um die Gleichung des Äquinoktiums EE berechnen zu können. Wir werden diese Rechenvorschriften in späteren Kapiteln kennen lernen. Sind diese beiden Ausdrücke bekannt, fährt man wie folgt weiter:


Um die lokale Sternzeit um 0 h UT an einem Ort mit geografischer Länge λ zu erhalten, rechne man:


Denn wie bei der Sonnenzeit gilt auch bei der Sternzeit, dass einem Winkel von 360° eine Zeit von 24 (Stern-)Stunden entspricht. Benötigt man die Sternzeit nicht für 0 h UT, sondern für eine beliebige Zeit, dann rechnet man diese Zeit in UT-Zeit um. Um jetzt die Sternzeit zum Zeitpunkt dieser UT-Zeit zu bekommen, beachte man, dass eine Sternzeituhr 1,0027379 mal schneller als eine Sonnenzeituhr (bürgerliche Uhr) läuft, man multipliziere also diese Zeit mit dem Faktor und addiere das Produkt zum bisherigen Ergebnis, dann hat man die lokale Sternzeit:


Beispiel:

Wie gross ist AST in Krasnojarsk () um 21 h 42 min Zonenzeit, wenn und EE = –0,2317 s ist? Es ist . Krasnojarsk ist UT um 7 Stunden voraus (im Sommer 8 Stunden, da Russland auch die Sommerzeit kennt). Die Uhrzeit entspricht also 14,7h UT, also ist AST = 34 h 07 m 11,0248 s bzw. 10 h 7 m 11,0248 s, denn die Sternzeit erhöht sich wie jede andere Zeit nur bis 24 h, dann beginnt sie wieder bei 0 h.

Da die Sternzeit ausschließlich für lokale astronomische Beobachtungen und nicht als bürgerliches Zeitmaß gebraucht wird, entfällt die Notwendigkeit, Zeitzonen für die Sternzeit festzulegen. Alle Rechnungen mit Sternzeit meinen immer die Lokalzeit.


Übungen

  • Wie groß ist die mittlere lokale Sternzeit im Mauna Kea-Observatorium auf Hawaii (19° 45' 32" N Breite, 155° 27' 23" W Länge) zum Zeitpunkt 20. Januar 1983, 03 h 12 m 38 s HST[3]. Benutzen Sie zur Berechnung der GMST0 den Algorithmus im Kapitel Zeitrechnungen.
  • Wie groß ist die mittlere lokale Sternzeit im Anglo-Australian Observatory nördlich von Sydney in den Siding Spring Mountains (Australien; –31° 16' 37" Breite; 149° 03' 58" E Länge) zum Zeitpunkt 16. Dezember 1995, 04 h 37 m 55 s EST DST[4]. Benutzen Sie wieder den Algorithmus im Kapitel Zeitrechnungen.




Nachweise:

  1. Im Englischen spricht man von der Apparent Sidereal Time.
  2. Die bekannteste Internetseite mit einem solchen Online-Dienst ist jene des US Naval Office: http://tycho.usno.navy.mil/sidereal.html, Eingang: http://tycho.usno.navy.mil/
  3. HST = Hawaii Standard Time, eine der 6 US-amerikanischen Zeitzonen. Die übrigen sind: Yukon Time; Pacific Standard Time (PST); Mountain Standard Time (MST); Central Standard Time (CST) und Eastern Standard Time (EST).
  4. Australien umfasst 3 Zeitzonen, WST, CST und EST mit 8 h, 9½ h und 10 h Zeitdifferenz zu UT. Im südlichen Sommer (von Oktober bis März) gilt Sommerzeit (DST).